Gottes Bewahrung der Sunna

Die folgende Artikelreihe diskutiert die Mittel, die in der Geschichte angewandt wurden, um sicherzustellen, dass die Sunna oder die Lehren des Propheten Muhammad authentisch erhalten blieben, und zwar frei von Veränderungen und Verfälschungen.  Teil 1: Die Warnung des Propheten an jene, die Dinge über ihn sagen, die nicht wahr sind, und das Verständnis der Gefährten von dieser Warnung.  

Gottes Bewahrung der Sunna

(teil 1 von 7): Das Verständnis der Gefährten von ihrer großen Verantwortung

Jamaal al-Din Zarabozo 

 

Einleitung: Die Sunna und ihr Platz im Islam

Die Sunna bezieht sich auf Taten, Aussagen und Lebensweisen des Propheten Muhammad, Gottes Segen und Frieden seien auf ihm.  Sie ist ein wesentlicher Bestandteil des gesamten Systems des Islam.  Gott hat den Muslimen im Qur´an Selbst angeordnet, sich den Propheten als Vorbild zu nehmen und seinen Aussagen zu gehorchen.  Die Sunna ist der fundamentelle normative praktische Ausdruck des Islam.  Es ist ebenfalls die entscheidende Erklärung des Qur´an selbst.  Ohne sie kann es kein wahres Verständnis darüber geben, wie der Islam anzuwenden ist.[1]

Die Sunna des Propheten wurde in der Hadith-Literatur bewahrt.  Die Frage nach der Bewahrung der Sunna und der Hadithe ist tatsächlich ein Thema, das sich auf die Bewahrung und die Reinheit der islamischen Religion selbst bezieht.  Dieses Thema wird sogar noch wichtiger, wenn man die Tatsache bedenkt, dass viele unglücklicherweise falsche Vorstellungen davon besitzen, wie die Hadithe bewahrt wurden und deshalb haben sie kein uneingeschränktes Vertrauen in die Glaubwürdigkeit der Hadithe des Propheten. 

Einige der Mittel durch die die Sunna bewahrt wurde     

Gott hat durch die Menschen viele Mittel angewandt, um die Sunna zu bewahren.  Einige dieser Aspekte gibt es einzig und allein in der muslimischen Gemeinschaft.  Am wichtigsten ist, dass diese Mittel der Bewahrung bereits in den frühesten Zeiten Verwendung fanden, ohne irgend einen Intervall, in dem Originalmaterialien oder Aussagen hätten verloren gehen können. 

Einige der Faktoren und Mittel, die an der Bewahrung der Sunna mitgewirkt haben, sind folgende:   

Das Verständnis der Gefährten von ihrer schweren Verantwortung 

Es geht aus dem Qur´an deutlich hervor, dass die früheren Menschen die Botschaften verdreht, verändert und verfälscht hatten und ganz allgemein ist es ihnen misslungen, die Botschaften, die sie erhalten hatten, sorgfältig zu bewahren.[2]  Die Gefährten des Propheten verstanden, dass der Prophet Muhammad der letzte Gesandte für die Menschheit gewesen ist und dass die Aufgabe der Bewahrung seiner Lehren auf ihren Schultern lastete.  Es war an ihnen, sicherzustellen, dass das, was mit den Lehren der früheren Propheten geschehen war, nicht mit denen des Propheten Muhammad passierte.  Außerdem hat der Prophet selbst ihnen gegenüber die Tatsache betont, dass sie die Verantwortung dafür haben, vom Propheten zu nehmen und anderen die Botschaft zu vermitteln.  Beispielsweise erzählte ihnen der Prophet im Menschengedränge in der Zeit der Pilgerfahrt: 

“Der Anwesende soll dem Abwesenden berichten.  Vielleicht berichtet der Anwesende einem, der besser versteht, als er es kann. ” (Sahieh Al-Bukhari, Sahieh Muslim)

Diese Anweisung des Propheten kann man in einer großen Zahl seiner Aussagen erkennen, von denen einige von zahlreichen Gefährten berichtet worden sind.  Zum Beispiel sagte der Prophet: 

“Möge Gott den Mann erstrahlen lassen, der hörte, was ich gesagt habe, und es in seinem Gedächtnis bewahrt, bis er es einem anderen berichtet.  Vielleicht hat derjenige, dem er es berichtet, ein besseres Verständnis als er.”[3]

Der Prophet warnte sie auch auf eine strenge Art davor, irgendetwas von ihm zu berichten, das nicht stimmte.  Indem er das arabische Wort „Kadhab“ verwendete, das im Dialekt des Propheten nicht „lügen“ bedeutete, sondern meinte, etwas zu berichten, das nicht richtig ist, sagte der Prophet: 

“Berichtet von mir, auch wenn es nur ein Vers ist.  Und erzählt (die Geschichten) von den Stämmen Israels und es schadet nicht.  Und wer auch immer mir fälschlicherweise etwas nachsagt, wird seinen eigenen Platz im Höllenfeuer einnehmen.” (Sahieh Al-Bukhari)

Es scheint, dass der Prophet diese Warnung bei zahlreichen Gelegenheiten ausgesprochen hat, denn diese Worte des Propheten wurden vom über fünfzig seiner Gefährten berichtet.[4]

Daher waren sich die Gefährten bewußt, dass sie in ihrer Berichterstattung sehr vorsichtig sein mussten.  Sie verstanden, dass die eben zitierte Warnung für jemanden, der dem Propheten fälschlicherweise etwas nachsagt, sowohl für den gilt, der dies absichtlich tut, als auch für den, der das unabsichtlich tut.  In einem Bericht, der in Sahih al-Bukhari wiedergegeben wird, wurde der Gefährte al-Zubair gefragt, warum er nicht so viele Hadithe berichtete, wie es manche der anderen taten.  Er antwortete: „Was mich angeht, ich trennte mich nie von ihm [das heißt, dem Propheten].  Allerdings hörte ich ihn sagen: ‘Wer auch immer mir fälschlicherweise etwas nachsagt, wird seinen eigenen Platz im Höllenfeuer einnehmen.’”  Als er diese Aussage kommentierte, bemerkte Ibn Hajar[5], dass al-Zubair offensichtlich nicht darüber sprach, dass er selbst etwas im Namen des Propheten erfinden würde.  Sondern er fürchtete, dass wenn er eine Menge berichtete, dann könnte er Fehler machen.  Und diese Fehler könnten ihn zu der Warnung führen, die in jenem Hadith erwähnt wurde.[6]

Anas ibn Maalik sagte ebenfalls: “Wenn ich nicht fürchtete, dass mir ein Fehler unterlaufen könnte, würde ich euch einige der Dinge erzählen, die ich vom Gesandten Gottes gehörte habe.  Allerdings hörte ich ihn sagen: ‘Wer auch immer mir fälschlicherweise etwas nachsagt, wird seinen eigenen Platz im Höllenfeuer einnehmen.’[7]  Dies deutet wieder darauf hin, dass Anas, ein Gefährte, verstand, dass die Drohung, die in dem Hadith ausgesprochen wurde, auch für den gilt, der unbeabsichtigt Fehler beim Erzählen des Hadith macht. 

Tatsächlich studierten einige Gefährten, wie Abu Hurairah, weiterhin die Hadithe, die sie vom Propheten gelernt hatten, und lernten sie auswendig.  Aus diesem Grunde fürchteten sie sich nicht so sehr davor, Fehler zu machen.  Andererseits mussten diejenigen, die sich dem Studium nicht so hingaben, befürchten, dass ihre Erinnerung sie im Stich lassen könnte, wenn sie vom Gesandten Gottes berichteten. 

 


Footnotes:

[1] Dieser Autor hat das Thema in allen Einzelheiten, die Stellung und Rolle der Sunna im Islam beschrieben: The Authority and Importance of the Sunnah (Denver, CO: Al-Basheer Company, 2000).

[2] Der Qur´an selbst bezieht sich auf die Veränderungen der früheren Schriften durch die vorigen Völker genauso wie auf ihre Versuche, Einiges von der Offenbarung zu verbergen.  Siehe zum Beispiel Quran 5:14-15 und 4:46.

[3] Siehe Abdul Muhsin al-Abbaad, Diraasat Hadieth Nadhara Godu imraan Sama Muqaalati...: Riwaayah wa Diraayah (ohne Angabe über die Herausgabe), passim.

[4] Cf., Sulaimaan al-Tabaraani, Turuq Hadeeth Man Kadhaba Alayya Mutamadan (Beirut: al-Maktab al-Islaami, 1990), passim.

[5] Einer der bemerkenswertesten Kommentatoren: Sahieh Al-Bukhari – IslamReligion.com

[6] Ahmad ibn Hajar, Fath al-Baari Sharh Sahieh al-Bukhaari (Makkah: Maktabah Daar al-Baaz, 1989), vol. 1, p. 201.

[7] Diese Erzählung wird von al-Daarimi berichtet.  Gemäß Abdul Rahmaan al-Birr ist seine Kette sahih. Cf., Abdul Rahmaan al-Birr, Manaahij wa Adaab al-Sahaabah fi al-Taallum wa al-Taleem (Al-Mansoorah, Egypt: Daar al-Yaqeen, 1999), S. 183.

(teil 2 von 7): Die Überlieferung der Hadithe

Bevor wir dieses Thema diskutieren, sollte angemerkt werden, dass etwas nicht unbedingt berichtet oder aufgeschrieben werden muss, damit es bewahrt werden kann.  Also bedeuetet die einfache Tatsache, dass etwas nicht aufgeschrieben worden ist, nicht, dass es nicht richtig und sorgfältig bewahrt worden ist.  Außerdem ist das Aufschreiben einer Sache nicht ausreichend für ihre Bewahrung.  Es besteht die Möglichkeit, etwas fehlerhaft zu berichten.  Diese beiden Punkte wurden von den Hadithgelehrten gebührend berichtet.  Es war nicht erforderlich, dass ein Hadith aufgeschrieben worden war, um von ihnen akzeptiert zu werden, obwohl sie die Wichtigkeit derartiger physikalischer Berichte erkannten und häufig bevorzugten sie den geschriebenen vor dem mündlich überlieferten Bericht in Abhängigkeit von der beteiligten Person.  Diesen Gelehrten war auch bewusst, dass das einfache Berichten von etwas nicht ausreicht.  Es musste auch sichergestellt werden, dass es richtig berichtet wurde.  Daher akzeptierten oder bevorzugten die Hadithgelehrten aufgeschriebene Beweise von Gelehrten vor auswendig gelernten Berichten nur, wenn bekannt war, dass jene Gelehrte in ihren Schriften fähig und korrekt waren. 

Es war eine der beliebtesten Praktiken vieler Orientalisten, immer wieder die “Tatsache” zu betonen, dass Hadithe nicht zuerst berichtet wurden, sondern vielmehr in den ersten zwei Jahrhunderten nach der Hijrah (arabischer Kalender) nur mündlich überliefert worden waren.  Unglücklicherweise ist dies ein Missverständnis, das unter denen, die sich mit bloßen oberflächlichen Erforschungen dieses Themas zufrieden geben, weit verbreitet worden ist.  In Wirklichkeit wurde diese falsche Behauptung und diese unrichtige Ansicht - Gott sei dank - von zahlreichen muslimischen Gelehrten in vielen Doktorarbeiten in der muslimischen Welt genauso wie an Universitäten in der westlichen Welt zurückgewiesen, wie in den Dissertationen von Muhammad Mustafa Azami (1967), veröffentlicht als Studies in Early Hadeeth, und  Imitiyaz Ahmad’s The Significance of Sunna and Hadeeth and their Early Documentation von Edinburgh 1974.

Das Berichten von Hadithen des Propheten, Gottes Segen und Frieden seien auf ihm, begann bereits zur Zeit des Propheten.  Al-Baghdaadi berichtet eine Reihe von Hadithen, die zeigen, dass der Prophet das Überliefern seiner Hadithe eindeutig gestattete.  Hier folgen einige Beispiele: 

1.    Al-Daarimi und Abu Dawud berichteten in ihren Sunans (Büchern), dass Abdullah ibn Amr ibn al-As aussagte, dass sie alles, was sie vom Propheten hörten, zu berichten pflegten.  Dann waren sie davor gewarnt worden, dies zu tun, da, so wurde argumentiert, der Prophet ein menschliches Wesen war, das zu manchen Zeiten ärgerlich sein könnte und zu anderen zufrieden.  Abdullah hörte damit auf, seine Hadithe aufzuschreiben, bis er den Propheten zu diesem Thema befragen konnte.  Der Gesandte Gottes sagte ihm:    

“Schreibe [meine Hadithe], bei dem Einen, in Dessen Hand meine Seele ist, nichts als die Wahrheit kommt [aus dem Mund des Propheten] heraus.”[1]

Das heisst, egal, ob er ärgerlich oder zufrieden war, was er sprach,  war die Wahrheit.  

2.    Al-Bukhari berichtete in seinem Sahih (Buch), dass Abu Hurairah sagte: “Man kann unter den Gefährten des Gesandten Gottes keinen finden, der mehr Hadithe überliefert hat als ich, mit Ausnahme von Abdullah ibn Amr, denn er pflegte die Hadithe aufzuschreiben, während ich es nicht tat.”[2]

3.    Al-Bukhari berichtetem dass am Tag der Eroberung von Mekka jemand aus Jemen zum Propheten kam und fragte, ob er die Aussagen des Propheten aufgeschrieben bekommen könnte.  Der Prophet stimmte zu und sagte zu jemandem: 

“Schreib´ sie für den Vater von so-und-so.”

4.    Anas berichtete die Feststellung: “Sichert das Wissen, indem ihr es aufschreibt.”  Dieser Hadith wurde von zahlreichen Authoritäten überliefert, aber meistens mit schwachen Ketten.  Es gibt einen Streit, ob es sich tatsächlich um eine Aussage des Propheten handelt oder von einigen Gefährten.  Gemäß al-Albani ist der Hadith, der von al-Hakim und anderen überliefert wurde, allerdings authentisch.[3]

Daher besteht kein Zweifel daran, dass das Überliefern der Hadithe zu Lebzeiten des Gesandten Gottes begann.  Diese Art und Weise, die Hadithe aufzuschreiben, wurde nach dem Tod des Propheten weiter fortgesetzt.  Al-Azami hat in seinem Werk Studies in Early Hadeeth Literature über fünfzig Gefährten aufgezählt und besprochen, die Hadithe überliefert haben.[4]  Bemerkenswert sind folgende:    

Abdullah B. Abbas (3 B.H.-68 A.H.)… Er war so eifrig um Wissen bemüht, dass er nicht weniger als 30 Gefährten über einen einzigen Vorfall befragte...  Es scheint so, als hätte er das, was er hörte, aufgeschrieben und manchmal beschäftigte er sogar seine Sklaven zu diesem Zweck...  Der folgende von ihm stammende Hadith in geschriebener Form:  Ali b. Abdullah ibn Abbas, Amr b. Dinar, Al-Hakam b. Miqsam, Ibn Abu Mulaikah, Ikrimah… Kuraib, Mujahid, Najdah… Said b. Jubair.[5]

Abdullah B. Umar B. al-Khattab (10 B.H.-74 A.H.)…  Er überlieferte eine große Zahl von Hadithen und war dabei so streng, dass er nicht erlaubte, dass die Anordnung auch nur eines Wortes verändert wurde, auch wenn dies nicht den Sinn der Bedeutung verändert hätte...  Er hatte Bücher.  Ein Kitab [Buch], das Umar gehörte hatte und sich in seinem Besitz befand, wurde ihm von Nafi verschiedene Male vorgelesen...  Der folgende von ihm stammende Hadith in geschriebener Form: Jamil b. Zaid al-Tai… Nafi Kunde von ibn Umar, Said b. Jubair, Abd al-Aziz b. Marwan, Abd al-Malik b. Marwan, Ubaidullah b. Umar, Umar b. Ubaidullah …[6]

Al-Azami stellte auch eine Liste von 49 Menschen von „den Nachfolgern des ersten Jahrhunderts“ zusammen, die Hadithe überliefert haben, welche die Persönlichkeit von jedem einzeln diskutierte.[7]  Al-Azami fuhr fort, 87 der “Gelehrten des späten ersten und frühen zweiten Jahrhunderts” aufzuzählen, die Hadithe überliefert haben.[8]  Dann zählt er “von den Gelehrten des frühen zweiten Jahrhunderts“ 251 Menschen auf, die Hadithe gesammelt und aufgeschrieben haben.[9]  Damit hat al-Azami eine Liste von 437 Gelehrten produziert, die Hadithe berichtet haben und vor dem Jahr 250 A.H. gestorben sind.  Viele von ihnen sind vor der Zeit von Umar ibn Abdul Aziz gewesen, von dem fälschlicherweise behauptet wird, er sei der erste gewesen, der um die Sammlung der Hadithe gebeten habe.  Die Geschichte von Umar ibn Abdul Aziz ist tatsächlich missverstanden worden, und sie bedeutet nicht, dass keiner vor ihm Hadithe gesammelt habe.[10]

Um al-Azami zu zitieren: “Neueste Nachforschungen haben bewiesen, dass fast alle Hadithe des Propheten zu Lebzeiten der Gefährten aufgeschrieben [sic] worden sind, was sich bis zum Ende des ersten Jahrhunderts erstreckte.”[11]  Diese letzte Aussage ist teilweise durch al-Azamis eigene Nachforschungen begründet, in denen er zahlreiche Gefährten und Nachfolger erwähnte, die geschriebene Hadithe besaßen.  An anderer Stelle schreibt er selbst:

Ich habe in meiner Doktorarbeit Studies in Early Hadeeth Literature (Studien der frühen Hadith-Literatur) bewiesen, dass sogar in dem ersten Jahrhundert der Hijra viele hundert Bücher mit Hadithen im Umlauf  waren.  Wenn wir noch ein paar hundert Jahre hinzufügen, wird es schwierig, die Zahl der Bücher und der im Umlauf befindlichen Bücher zu bestimmen.  Sogar die Konservativsten schätzen, dass es viele tausend waren.[12]

 


Footnotes:

[1] Gemäß al-Albaani al-Albaani ist dieser Hadith sahih.  Siehe Muhammad Naasir al-Dien al-Albaani, Sahieh Sunan Abi Dawud (Riyadh: Maktab al-Tarbiyyah al-Arabi li-Duwal al-Khaleej, 1989), vol. 2, S. 695.

[2] Ibn Hajar erklärte in seinem Kommentar dieses Hadith, wie Abu Hurairah so viel mehr Hadithe als Abdullah ibn Amr überliefert haben konnte.  Siehe ibn Hajar, Fath, vol. 1, S. 206-8.  Ein Aspekt den er vergaß, zu erwähnen, ist, dass Abu Hurairah Abdullah ibn Amr um mehr als 16 Jahre überlebte.

[3] Al-Albani, Sahieh al-Jaami al-Saghier, vol. 2, S. 816.

[4] Muhammad Mustafa al-Azami, Studies in Early Hadeeth Literature (Indianapolis, IN: American Trust Publications, 1978), S. 34-60.

[5] Azami, Studies in Early Hadeeth, S. 40-42. In Azami’s Werk steht “b.” für ibn oder “Sohn von.”

[6] Azami, Studies in Early Hadeeth, S. 45-46.

[7] Azami, Early Hadeeth, S. 60-74.

[8] Ibid., S. 74-106.

[9] Ibid., S. 106-182.

[10] Die Geschichte, wie sie bei al-Bukhari berichtet wird, ist, dass Umar (61-101) Abu Bakr ibn Muhammad (d. 100) schrieb und sagte: “Suche das Wissen des Hadith und lass es aufschreiben, denn ich befürchte, dass das religiöse Wissen verschwinden wird und die religiösen Gelehrten sterben.  Akzeptiere nichts als die Hadithe des Propheten.”  Er schrieb ebenfalls Briefe an Saad ibn Ibraahiem und al-Zuhri, in denen er sie aufforderte, dasselbe zu tun.  Sie wurde von manchen falsch wiedergegeben, zum Beispiel M. Z.  Siddiqi, dass es diese Bitte Umars war, die zum Beginn der Sammlung der Hadithe führte. 

[11] Al-Azami,  Methodology, S. 30.

[12] Ibid., S. 64.

(teil 3 von 7): Die Wichtigkeit und die Geschichte des Isnad 

Ein anderes wichtiges Werkzeug, das zur Erhaltung der Hadithe verwendet wurde, war das Isnad – System, das einzig und allein von der muslimischen Gesellschaft entwickelt wurde.  Das Isnad – System ist das, wo jemand seine Informationsquelle angibt, worauf hin man den Bericht zurückverfolgen kann bis zum Propheten Muhammad, Gottes Segen und Frieden seien auf ihm.

Die Wichtigkeit des Isnad wurde von Abdullah ibn al-Mubaarak einleuchtend betont, der sagte: “DerIsnad ist ein Teil der Religion.  Wenn der Isnad nicht wäre, würde jeder sagen, was er wollte.”[1]  Der Isnad war in der Tat wesentlich, um die authentischen von den schwachen Hadithen zu trennen und um die erfundenen Hadithe herauszufinden.  Selbst heutzutage kann niemand es wagen, einen Hadith zu erzählen, ohne vielleicht darum gebeten zu werden, die Quelle des Hadith zu nennen.  Ibn al-Mubaarak fuhr fort und sagte: “Wenn du die Person befragst, woher sie den Hadith hat, wird sie [dazu gezwungen sein] still zu werden.”  Der Isnad fungierte und fungiert als eine Art Garantie oder Vorsichtsmaßnahme für die Authenzität des Hadith.  Die frühen Hadithgelehrten haben einen Hadith nicht einmal in Betracht gezogen, wenn es keinen bekanntenIsnad dazu gab. 

In Bezug auf die Wichtigkeit des Isnads, sagte Sufyaan al-Thauri (d. 161): “Der Isnad ist das Schwert des Gläubigen.  Ohne sein Schwert an seiner Seite, womit wird er kämpfen?“  Mit der Verwendung des Isnads waren muslimische Gelehrten in der Lage, die Erneuerungen auszumerzen (oder zu “bekämpfen”), die manche Leute in den Islam einführen wollten.  Von Muhammad ibn Sierien (d. 110), Anas ibn Sierien, Al-Dhahaak und Uqba ibn Naafi wurde berichtet, gesagt zu haben: “Dieses Wissen [vom Hadith] ist die Religion, deshalb seht, woher ihr die Religion nehmt.”[2]  Da die Sunna einen wesentlichen Teil des Islam darstellt, ist das Annehmen eines Hadith gleichzusetzen damit, seine Religion anzunehmen.  Daher muss man vorsichtig sein und diese Religion von Menschen nehmen, die vertrauenswürdig sind und das, was sie sagen, bis zum Propheten zurückverfolgen können und dies wird nur mit der Verwendung des Isnads erreicht. 

Dieses System war sogar eine noch wirkungsvollere Vorsichtsmaßnahme als das heutige System der Veröffentlichung und des Copyrights.  Hamidullah schrieb: 

“Moderne Gelehrte zitieren in fachkundigen Werken die Quellen wichtiger Aussagen von Tatsachen.  Aber sogar in den am sorgfältigsten dokumentierten Werken gibt es zwei Nachteile: 

(a)  Im Fall der veröffentlichen Werke gibt es wenig oder gar keine Möglichkeit festzustellen, ob es sich um Druckfehler oder Nachlässigkeiten handelt – dies würde nicht passieren, wenn man sich auf etwas beruft, nachdem man [es] vom Autor selbst gehört hat oder eine Abschrift, die vom Autor selbst bestätigt wurde oder – im Fall alter Aussagen – von denen, die die Gelegenheit hatten, sie vom Autor zu hören oder von seinem bemächtigten Überlieferer.

(b)  Man ist heutzutage mit seiner unmittelbaren Quelle zufrieden, ohne sich viele Sorgen um die Quellen zu machen, die dieser Quelle vorausgingen und der Reihe nach bis zu den Augenzeugen des Ereignisses ansteigen.  In den Werken des Hadith ist der Fall anders…”[3]

Abschließend könnte man zusammenfassen, dass der Isnad einen wesentlichen Bestandteil eines jeden Hadith darstellt, denn ohne ihn gibt es keinen Weg für irgend jemanden, die Authenzität einer Erzählung sicherzustellen.  Abdullah ibn al-Mubaarak sprach sicherlich die Wahrheit, als er sagte, ohne Isnad besäße jeder die Freiheit zu erzählen, was er will und zu behaupten, es sei ein Teil der Religion des Islam.[4]  Die Wichtigkeit des Isnad ist tatsächlich sehr offensichtlich und nur sehr wenige haben diese Wichtigkeit je in Frage gestellt.  Noch wichtiger ist aus diesem Grunde eine Diskussion, wann der Isnad begann, verwendet zu werden, denn wenn es erst lange Zeit nach dem Tode des Propheten gewesen war, wäre es tatsächlich nutzlos.  

In seiner Ph.D. Dissertation hat Umar Fullaatah die Geschichte des Isnads in allen Einzelheiten diskutiert.  Aufgrund des begrenzten Platzes ist es nicht möglich, seine Diskussion im Detail hier zu präsentieren.  Allerdings hat er folgende wichtigen Schlüsse gezogen:

In Bezug darauf, wann der Isnad zuerst verwendet wurde, um den Hadith zu überliefern, stellt er fest, dass die Gefährten Isnads zu verwenden pflegten, aber da es normalerweise zwischen ihnen und dem Gesandten Gottes keinen Dritten gab, war es nicht offensichtlich, dass sie mit Isnad berichteten.  Die Gefährten berichteten einen Hadith auf eine Art und Weise, die deutlich machte, dass sie ihn direkt vom Propheten gehört hatten oder auf eine Art und Weise die deutlich machte, dass sie diesen besonderen Hadith nicht direkt vom Propheten gehört hatten.  Fullaatah stellt fest, dass die große Mehrheit der Hadithe der Gefährten solche gewesen waren, die sie direkt vom Gesandten Gottes gehört hatten.  Daher wurde der Isnad zuerst in der Zeit der Prophetengefährten verwendet, obwohl gesagt werden kann, dass es kaum bemerkbar war.  

 


Footnotes:

[1] Zitiert von Imam Muslim in der Einleitung seines  Sahih in dem Kapitel mit der Überschrift: “Ausführliche Erläuterung des Punktes, dass der Isnad ein Teil der Religion ist.”

[2] Zitiert in Umar ibn Hasan Uthmaan al-Fullaatah, al-Widha fi al-Hadeeth (Damascus: Maktabah al-Ghazzaali, 1981), vol. 2, S. 10.

[3] Muhammad Hamidullah,  Sahifah Hammam ibn Munabbih (Paris: Centre Culturel Islamique, 1979), p. 83.

[4] Man erinnere sich an den Fall des Paulus und den Ursprung des christlichen Glaubens.  Paulus hat Jesus (Friede sei mit ihm) natürlich nie getroffen, er konnte seine Lehren nicht bis zu Jesus (Friede sei mit ihm) zurückverfolgen und tatsächlich trat ihm von vielen der eigenen Jünger Jesu Widerstand entgegen, die wußten, was Jesus (Friede sei mit ihm) gesagt hatte.  Unglücklicherweise war die historische Authenzität und das Zurückverfolgen der Behauptungen zu ihrem ursprünglichen Lehrer, Jesus, im christlichen Gedanken nicht wirklich entwickelt.  Deshalb wurde ihre Religion sehr verdreht und hat sich von den wahren Lehren Jesu´ (Friede sei mit ihm) entfernt. 

(teil 4 von 7): Die Erhaltung des Isnad

In Bezug darauf, dass Überlieferer gezwungen waren, ihren Zuhörern ihreIsnads mitzuteilen, sagte Fullaatah, dass Abu Bakr, der erste Khalif, der nur zwei Jahre nach dem Propheten verstarb, der erste war, der die Überlieferer anwies, die Authenzität ihrer Berichte zu beweisen, denn er akzeptierte einen Hadith erst, wenn die Person einen Zeugen für ihren Hadith vorbrachte.  Umar verfuhr ebenso.  Indem sie dies taten, machten sie deutlich, ob sie den Hadith direkt vom Gesandten Gottes oder durch irgendeine andere Quelle bekommen haben.  Ihr Ziel bestand darin, die Richtigkeit der Überlieferung zu bestätigen, auch wenn sie zur gleichen Zeit unabsichtlich den Überlieferer den Isnad für seinen Hadith angeben ließen.  Daher war es während ihrer Zeit (kurz nach dem Tod des Propheten), dass die Überlieferer als erstes gezwungen waren, ihre Isnads anzugeben.  Ali, der vierte Khalif und der Khalif während der Fitnah (Heimsuchung), nahm von der Person einen Eid ab, in dem die Person schwören sollte, dass sie den Hadith direkt vom Propheten gehört habe.  Offensichtlich ging nach der Fitnah derselbe Prozess, der es erforderte, dass der Überlieferer seine Quellen angab, weiter.[1]

In Bezug darauf, wann der Überlieferer selbst darauf bestand, den Isnad eines jeden Hadith zu erwähnen, stellt Fullaatah fest, dass der Bedarf an dem Isnadwirklich offensichtlich wurde, nachdem schwache Überlieferer und unmoralische Menschen begonnen hatten, Hadithe zu berichten.  Zu jener Zeit war der Überlieferer selbst darauf bedacht, den Isnad des Hadith, den er berichtete, zu erwähnen.  Al-Amash pflegte Hadith zu berichten und dann zu sagen: „Hier ist der Kopf der Angelegenheit”, und dann erwähnte er den Isnad.   Al-Walied ibn Muslim von al-Schaam sagte: “Eines Tages sagte al-Zuhri: ‘Was ist mit euch [mit euch Menschen], dass ich euch Hadithe berichten sehe, ohne den kritischen oder wichtigen Teil?’ Nach diesem Tag haben unsere Gefährten [d.h. die Leute von asch-Scham (Nord-Arabien) ] sich vergewissert, dass sie den Isnad erwähnten.”[2]  Die Gelehrten tadelten ihre Schüler dafür, Hadithe von Lehrern zu hören, die die Hadithe ohne Isnad erwähnten.[3]  In der Tat wiesen sie alle Hadithe zurück, die keinen Isnad hatten.  Bahz ibn Asad sagte: “Akzeptiert keinen Hadith von jemandem, der nicht sagt: ‘Er berichtete uns...“ das bedeutet ohne Isnad.  Die Muslime begannen sogar, auf die Verwendung des Isnads für andere Disziplinen als der des Hadith zu bestehen, zum Beispiel Geschichte, Tafsier (Erklärung) des Qur´an), Dichtung und so weiter. 

Aus diesem Grund kam Fullaatha, nachdem er die Frage in allen Einzelheiten diskutiert hatte, zu folgendem Schluss:

1.         Der Isnad wurde zuerst während der Zeit der Gefährten verwendet.  

2.         Abu Bakr war der erste, der die Überlieferer zwang, die Quelle ihrer Hadithe zu erwähnen.  

3.         Der Überlieferer selbst bestand darauf, den Isnad eines jeden Hadith zu erwähnen, dicht gefolgt von (1) und (2) oben.[4]

Hieraus können wir den Schluss ziehen, dass es niemals eine Zeit gegeben hatte, in der die Hadithberichte völlig frei von der Erwähnung des Isnads berichtet worden wären.  Während der Zeit der Gefährten war der Gebrauch des Isnads nicht so offensichtlich, denn es hatte (normalerweise) keinen Übermittler zwischen der Person, die den Hadith berichtete und dem Propheten gegeben.  (Die Periode der Gefährten endete „offiziell“ 110 AH mit dem Tod des letzten Gefährten.)  Abu Bakr und Umar waren gnadenlos bei der Überprüfung der Authenzität der Hadithe.  Spätere Gelehrten wie asch-Schabi und al-Zuhri tauchten auf, und sie veranlassten die Muslime, sich der Wichtigkeit, den Isnad zu erwähnen, bewusst zu werden.  Dies war besonders nach den großen Konfrontationen (wie dem Tod Uthmans) offenkundig, welche die Menschen realisieren ließ, dass die Hadithberichte ihre Religion sind und daher sollten sie sorgfältig nachsehen, von wem sie ihre Religion nehmen.  Nach den frühen Jahren wurden der Isnad und sein richtiger Gebrauch zum Standard und das Wissen darüber wurde zu einem unabhängigen Bereich des Hadith.  Dies ging so weiter bis die Hauptsammlungen des Hadith im dritten Jahrhundert zusammengestellt wurden.[5]

Gott hat die Gemeinschaft von Muhammad tatsächlich mit einer einzigartigen Art ihre ursprünglichen Lehren zu bewahren, gesegnet: dem Isnad.  Muhammad ibn Haatim ibn al-Mudhaffar schrieb: 

“Fürwahr, Gott hat mit der Verwendung des Isnads diese Gemeinschaft geehrt und deutlich von anderen unterschieden und abgehoben.  Keine der früheren oder gegenwärtigen Gesellschaften besitzen ungebrochene Isnads. Sie haben [alte] Schriften in ihrem Besitz, aber ihre Bücher sind mit ihren historischen Berichten vermischt worden und sie sind nicht in der Lage, zu unterscheiden, was ihnen ursprünglich als Thora oder Evangelium offenbart worden war und was später an Berichten hinzugefügt worden ist, die sie von nicht vertrauenswürdigen [oder noch wahrscheinlicher: unbekannten] Leuten aufgenommen haben.”[6]

 


Footnotes:

[1] Fullaatah, vol. 2, pp. 20-22.

[2] Zitiert bei Fullaatah, vol. 2, S. 28.

[3] Ibid. vol. 2, S. 28-29. Siehe die Geschichten von al-Zuhri, Abdullah ibn al-Mubaarak und Sufyaan al-Thauri auf diesen Seiten.

[4] Fullaatah, vol. 2, S. 30.

[5] In der Tat ging die Tradition, Hadith mit ihren Isnad zu berichten weiter bis zum fünften Jahrhundert.  Nach dieser Zeit wurden Bücher weiter gereicht, meistens mit Ijaaza (Erlaubnis für andere, jemandes Buch oder Hadithe zu berichten) obwohl es heutzutage immer noch Gelehrte gibt, die einen Hadith mit einer vollständigen Kette von sich selbst bis zum Propheten zurück aufzählen können.  Cf., Khaldoon al-Ahdab,  Asbaab Ikhtilaaf al-Muhadeetheen(Jeddah: al-Dar al-Saudiya, 1985), vol. 2, S. 707.

[6] Zitiert in Abdul Wahaab Abdul Lateef, Al-Mukhtasar fi Ilm Rijaal al-Athar (Dar al-Kutub al-Hadeethiya, no date), S. 18.

 (teil 5 von 7): Frühe Hadithkritik und Bewertung von Überlieferern

Ein anderer wichtiger Aspekt bei der Erhaltung der Hadithe war die frühe Entwicklung der Hadithkritik und der Bewertung der Überlieferer.  Sogar als der Prophet Muhammad, Gottes Segen und Frieden seien auf ihm, noch lebte, gingen die Gefährten häufig zu ihm, um ein paar Berichte, die sie unter Berufung auf ihn gehört hatten, bestätigen zu lassen.  Professor Azami verweist auf Beispiele aus den Hadithsammlungen von Ahmad, al‑Bukhari, Muslim und al‑Nasaai, und schreibt:

“Wenn Kritik die Bemühung ist, zwischen dem Richtigen und dem Falschen zu unterscheiden, dann können wir sagen, dass sie zu Lebzeiten des Propheten ihren Anfang nahm.  Aber in dieser Phase bedeutete es nicht mehr, als zum Propheten zu gehen und zu prüfen, ob etwas, von dem berichtet wurde, dass er es gesagt haben soll, wahr ist...

“Diese Art der Nachforschung oder Bestätigung [sic] wurde von Ali, Ubaiy ibn Kaab, Abdullah ibn Amr, Umar, Zainab der Frau von ibn Mas´uud und anderen durchgeführt.  Angesichts dieser Tatsache kann behauptet werden, dass die Nachforschung über Hadithe oder, mit anderen Worten, die Hadithkritik in einer anfänglichen Form zur Zeit des Propheten begann.”[1]

Selbstverständlich war das direkte Bestätigen der Überlieferungen mit dem Gesandten Gottes nach dessen Tod beendet.  In der Zeit der Gefährten pflegten diese, angeführt von den Rechtschaffenen wie Abu Bakr, Umar, Ali, ibn Umar und anderen, Hadithe unter einander zu bestätigen.  Umar beispielsweise war sehr streng in der Absicherung der ordnungsgemäßen Verbreitung von Hadithen.   InSahih Muslim kann man das Beispiel von Abu Musa al-Aschari finden.  Umar drohte, ihn zu bestrafen, wenn er keinen Zeugen für einen Hadith bringen könnte, den er Umar berichtet hatte.  Als er diesen Hadith kommentierte, sagte Abdul Hamid Siddiqi, dass Umar Abu Musa nicht angezweifelt hat, sondern er wollte eine strenge Kontrolle über die Übermittlung der Hadithe behalten.[2]

Es gibt viele Beispiele dieser Art.  Abu Hurairah, Aishah, Umar und ibn Umar haben die haben die Richtigkeit der Hadithe geprüft.  Manchmal haben sie die Hadithe mit “Kreuz-Referenz” überprüft (wie Umar und Abu Musa oben) und ein anders Mal wandten sie etwas an, das man als “Zeit-Serie” – Prüfung bezeichnen könnte.  Imam Muslim berichtet, dass Aischa einen bestimmten Hadith gehört hatte, den Abdullah ibn Amr berichtet hat.  Ein Jahr später ließ sie ihren Diener zu Abdullah ibn Amr gehen, um den Hadith wieder von ihm zu hören, um sicherzugehen, dass er ihn exakt so berichtete, wie er ihn vom Propheten gehört hatte und dass er in seiner Erzählung keine Fehler oder Zusätze machte.[3]

Diese Prüfung der Überlieferer führte zu der Entwicklung der faszinierendsten und einzigartigen Wissenschaft des Al-jarh wa al-tadeel, in dem die Leben, akademischen und moralischen Eigenschaften von Tausenden Überlieferern in allen Einzelheiten festgehalten sind.  Jeder Überlieferer muss sowohl akademische als auch moralische Vorzüge haben, damit sein Hadith anerkannt wird.  Eines davon ohne das andere war einfach nicht ausreichend.  Eine Person kann ein großartiges Gedächtnis haben oder in der Lage sein, etwas sehr exakt zu berichten, aber wenn er nicht als völlig ehrlich und vertrauenswürdig angesehen wird, werden seine Überlieferungen von Hadithen, die wichtigste Information, die eine Person weitergeben kann, nicht akzeptiert.  Dementsprechend kann eine Person sehr fromm und ehrlich sein, wenn sie aber keine literarischen oder akademischen Vorzüge besitzt, um diese fehlerlos und exakt weiterzugeben, dann kann man sich auf ihre Berichte nicht verlassen.

Daher haben die Gelehrten viele Mittel entwickelt, um die Fähigkeit und Exaktheit der Überlieferer von Hadithen zu prüfen.  Azami stellt fest, dass es vier grundsätzliche Wege gibt, um die Fähigkeit eines Überlieferers zu prüfen.  Er hat für jeden Weg ein Beispiel gegeben.[4]  Die vier sind: 

(1)  Vergleich zwischen den Hadithen verschiedener Schülern desselben Gelehrten.  Ein Beispiel ist das von Yahya ibn Maien, der die Bücher von Hammad ibn Salama und von 17 Schülern Hammads las.  Er sagte, auf diese Weise wäre er in der Lage, die Fehler, die Hammad gemacht habe, herauszufinden (indem er sie mit dem verglich, was andere Gelehrten berichtet hatten) und die Fehler, die jeder einzelne Schüler gemacht hatte (indem er sie mit den anderen Schülern Hammads verglich). 

(2)  Vergleich zwischen den Aussagen eines einzelnen Gelehrten zu unterschiedlichen Zeiten.  Zuvor war der Hadith erwähnt worden, über den Aischa Abdullah ibn Amr ibn al‑As befragt hatte, den er ein Jahr zuvor berichtet hatte.  Als sie herausgefunden hatte, dass er an dem Hadith nichts verändert hat, wusste sie, dass er ihn exakt auswendig gelernt hat, als er ihn vom Propheten gehört hatte.  

(3)  Vergleich zwischen verbaler Rezitation und geschriebenen Dokumenten.  Azami gab folgendes Beispiel: 

Abdur Rahman b. Umar überlieferte einen Hadith von Abu Hurairah bezüglich des Dhuhurgebets [das Mittagsgebet], das im Sommer über seine frühe Zeit hinausgezögert werden darf [sic].  Abu Zurah sagte, das sei nicht korrekt.  Dieser Hadith werde unter Berufung auf Abu Said überliefert.  Abdur Rahman b. Umar nahm dies sehr ernst und vergaß es nicht.  Als er in seine Stadt zurückkehrte, kontrollierte er sein Buch und fand den Fehler bei sich selbst.  Da schrieb er Abu Zurah, gab seinen Fehler zu, bat ihn, sich zu bemühen [sic] und die-und- die Person und andere zu informieren, die darueber gefragt hatten und ihnen von seinem Fehler zu erzählen und er sagte, Gott werde ihn belohnen, denn die Schande sei besser als die Hölle.[5]

(4)  Vergleich zwischen dem Hadith und dem Qur´antext.  Diese Handhabe begann mit den Gefährten.  Der Qur´an war die erste Prüfung, welcher der Hadith unterzogen wurde.  Die Gefährten akzeptierten keinen Hadith, der dem Qur´an widersprach; statt dessen zogen sie den Schluss, dass dem Gefährten einen Fehler unterlaufen sein musste oder dass er missverstanden haben muss, was der Prophet gesagt hat.  Sie wussten, dass der Qur´an und die Sunna im wesentlichen eine Offenbarung waren und es war unmöglich, dass eine der anderen widerspricht. 

Azami erwähnt nur die obrigen vier Methoden zur Überprüfung der Fähigkeit eines Überlieferers, aber es gab noch andere.  Die Folgenden waren ziemlich gewöhnlich: Vergleich zwischen dem, was der Überlieferer berichtete mit dem, was andere überliefert haben (d.h. nicht Schüler desselben Lehrers), Vergleich einer Sunna mit einer anderen und Vergleich des Hadithtextes mit wohlbekannten historischen Ereignissen.  

 


Footnotes:

[1] Mustafa Muhammad Azami, Studies in Hadeeth Methodology and Literature(Indianapolis, IN: American Trust Publications, 1977), p. 48.

[2]Abdul Hamid Siddiqui, trans. and commentator, Sahih Muslim (Lahore, Pakistan: Sh. Muhammad Ashraf, 1972), vol. 3, pp. 1175‑6.

[3] Ibid., vol. 4, p. 1405.

[4] Azami, Methodology, pp. 52‑58.

[5] Azami, Methodology, p. 56.

 (teil 6 von 7): Reisen unternehmen, um Hadithe zu erforschen

Ein anders einzigartiges Phänomen, das erschien und die Bewahrung der Sunnah unterstützte, war das Reisen und die Erforschung der Hadithe, um die Quellen herauszufinden und mehr Hadithe in Bänden zusammenzufassen.  Von all den verschiedenen religiösen Gemeinschaften der Welt hat nur die islamische Gemeinschaft den Segen erfahren, zwei besondere Charakteristika zu haben, die sie davor geschützt haben, ihre ursprünglichen, reinen Lehren zu verlieren.  Diese beiden einzigartigen Charakteristika sind die Verwendung des Isnad, die zuvor ausführlich beschrieben wurde, und die Reisen, die unternommen wurden, um Hadithe zu erforschen, was jetzt diskutiert werden soll.  Das große Verlangen nach religiösem Wissen unter den Muslimen führte Einzelne dazu, alleine monatelang auf Reisen zu gehen, um einfach nur eine einzige Aussage des Propheten, Gottes Segen und Frieden seien auf ihm, zu sammeln oder zu bestätigen.  Diese Hingabe zum Hadith und diese Bereitwilligkeit, jede Erscheinung dieses weltlichen Lebens zu opfern, waren es, die hervorragend dazu beitrugen, die Bewahrung der Hadithe des Propheten zu vervollständigen.  M. Zubayr Siddiqi hat geschrieben:    

All diese verschiedenen Generationen von “Überlieferern” zeigten wunderbare Regsamkeit auf der Verfolgung der Hadithe.  Ihre Liebe für die Sache war grundlegend und ihr Enthusiasmus grenzenlos.  Ihre Bereitwilligkeit um ihretwillen zu leiden kannte keine Grenzen.  Die Reichen von ihnen opferten ihren Reichtum auf dem Altar; und die Armen von ihnen widmeten ihre Leben trotz ihrer Armut.[1]

Warum war das Verlangen nach Wissen unter diesen frühen Muslimen so groß?  Keiner kann diese Frage vollständig beantworten, aber es muss viele Gründe für dieses starke Verlangen gegeben haben.  Von diesen Gründen waren folgende:        

(a)   Das Wissen von den Hadithen war diesen frommen Seelen bekannt und führte sie zur Handlungsweise des Propheten.  Und außerdem wussten sie, dass sie, wenn sie seinen Spuren folgen, Gott näher kommen würden. 

(b)  Der Qur´an und der Prophet haben die Werte und die Wichtigkeit, Wissen zu erlangen betont.  Gott sagt:   

“…Sprich: “Sind solche, die wissen, denen gleich, die nicht wissen?”...” (Quran 39:9)

Und auch:

“…Wahrlich, nur die Wissenden unter Seinen Dienern fürchten Allah…” (Quran 35:28)

Einige Aussagen des Propheten zu diesem Thema sind: 

“Wer sich auf der Suche nach Wissen auf einen Weg begibt, für den macht Gott den Weg zum Paradies leicht…”[2] (Sahieh Muslim)    

Der Prophet sagte ebenfalls:    

“Wenn der Sohn Adams stirbt, enden alle seine guten Taten außer Dreien: ein fortdauerndes Almosen, nützliches Wissen [das er zurückließ und von dem die Menschen einen Nutzen haben] und ein rechtschaffenes Kind, das für ihn Bittgebete spricht.”[3] (Sahieh Muslim 

  Die frühen Gelehrten erkannten die Wichtigkeit, Wissen zu Erlangen, und sie erkannten auch, dass es kein besseres Wissen gibt, als Wissen über den Schöpfer.  Daher taten sie ihr Bestes, um die Lehren Seines Propheten zu lernen. 

Beispiele aus den frühen Jahren werden ein deutlicheres Bild von diesen Reisen auf der Suche nach Hadithen geben.  Eigentlich kann man sagen, dass diese Reisen auf der Suche nach Hadithen bereits während der Zeit des Propheten begonnen hatten.  Das heisst, bereits zur Zeit des Propheten kamen die Menschen von außerhalb nach Medina, um den Propheten über bestimmte Angelegenheiten zu fragen.  In manchen Fällen kamen sie zum Propheten, um nachzufragen, ob etwas stimmte, das sie von den Vertretern des Propheten gehört hatten.  In al-Bukhariund Muslim kann man sehen, dass die anderen Gefährten sich auf ein solches Ereignis freuten.  Das kann man der Aussage von Anas entnehmen, der sagte, dass es ihnen untersagt war, dem Propheten zu viele Fragen zu stellen, also freuten sie sich darüber, wenn ein intelligenter Beduine angereist kam, um dem Propheten bestimmte Fragen zu stellen. 

Die folgenden Beispiele stammen von Gefährten, die Reisen unternahmen, um Hadithe, die sie selbst vom Propheten gehört hatten, bestätigt zu bekommen.[4]

Imam al-Bukhari berichtete in seinem Sahih, dass Jaabir ibn Abdullah einen ganzen Monat reiste, um einen einzigen Hadith von Abdullah ibn Unais zu bekommen.  In einer Version, die von at-Tabaraani berichtet wird, heisst es, dass Jabir sagte: “Ich hatte einen Hadith unter Berufung auf den Propheten über Vergeltung gehört und derjenige, der den Hadith [direkt vom Propheten]  überliefert hat, war in Ägypten; also kaufte ich ein Kamel und reiste nach Ägypten... ”[5]

Der Gefährte Abu Ayyub reiste den ganzen Weg nach Ägypten, um Uqba ibn Amr über einen Hadith zu befragen.  Er erzählte Uqba, dass nur er und Uqba übrig waren, die diesen bestimmten Hadith direkt vom Propheten gehört hatten.  Nachdem er den Hadith gehört hatte, war sein Anliegen in Ägypten erledigt und er kehrte nach Medina zurück.  

Einer der Gefährten reiste, um Fadhala ibn Ubaid zu besuchen und sagte ihm, er käme nicht nur zu Besuch, sondern auch, um ihn über einen Hadith zu befragen, den sie beide vom Propheten gehört hatten; und der Gefährte hoffte, dass Fadhala den vollständigen Wortlaut des Hadithes habe.[6]

Anderen Geschichten der Gefährten kann man entnehmen, dass sie grundsätzlich aus zwei Gründen auf der Suche und Forschung nach Hadithen auf Reisen gingen:

(a)   Um einen Hadith von einem Mit-Gefährten zu hören, da sie selbst nicht die Ehre gehabt hatten, diesen direkt vom Propheten gehört zu haben; und um damit ihre Hadith-Kenntnisse zu vermehren.  

(b)  Um den Wortlaut und/oder die Bedeutung eines Hadith zu bestätigen, den sie oder andere Gefährten direkt vom Gesandten Gottes gehört hatten.  Also haben sogar die Gefährten immer wieder die Reinheit der Hadithe, die sie überliefert haben, überprüft, nachgesehen und sichergestellt.

Während der Zeit der Studenten der Gefährten (´Nachfolger´genannt) verminderte sich das Verlangen und die Bereitwilligkeit, zu reisen, nur um einen Hadith des Propheten zu hören oder zu bestätigen, überhaupt nicht.  Medina, die Stadt, die viele Jahre das Zuhause des Propheten gewesen war, war das Heim der Sunna und die Stadt, in der sich nach dem Tod des Propheten zahlreiche seiner Gefährten aufhielten, war wahrscheinlich das Hauptzentrum der Anziehung, aber tatsächlich zog jeder Ort „Reisende“ an, der bekannt dafür war, dass dort ein bestimmter Hadith des Propheten gehört werden konnte.   

Dafür könnten wir viele Beispiele geben.  Al-Khatieb al-Baghdadi hat ein ganzes Buch über das Thema dieser Reisen, um Hadithe zu erforschen, geschrieben.  Sein Werk trägt den Titel Al-Rihla fi Talab al-Hadeeth (“Reisen auf der Suche nach Hadithen”).  Was dieses Werk noch interessanter macht, ist, dass es sich nicht einfach mit den Gelehrten befasst, die reisten, um Hadith zu lernen.  Dies tat fast jeder Gelehrte in der Geschichte des Islam.  Wenn ein Gelehrter allerdings nicht reiste, war dies für gewöhnlich seltsam, denn es war normal zu reisen.  Dieses Buch aber, wie der Verleger des Werkes Nur al-Dien Itr betont, handelt von den Reisen auf der Suche nach nur einem Hadith und nicht nach Hadithen im allgemeinen...![7]

 


Footnotes:

[1] M. Z. Siddiqi,  Hadeeth Literature: Its Origin, Development, Special Features and Criticism (Calcutta: Calcutta University Press, 1961), S. 48.

[2] Sahieh Muslim.

[3] Sahieh Muslim.

[4] Für weitere Beispiele siehe Akram Dhiyaa Al-Umari, Buhooth fi Tareekh al-Sunnah al-Musharrifah (Beirut: Muassasah al-Risaalah, 1975), S. 203f.     

[5] Ibn Hajar sagt, diese Version habe eine gute Kette. Cf., ibn Hajar, Fath al-Baari, vol. 1, S. 174.

[6] Dieser Vorfall wurde von Abu Dawud berichtet.

[7] Siehe Nur al-Dien seine Einleitung zu al-Khatieb al-Baghdaadi, al-Rihlah fi Talab al-Hadieth (Beirut: Daar al-Kutub al-Ilmiyyah, 1975), S. 10.

(teil 7 von 7): Zusammenfassung

Wir haben zuvor sehr kurz einige der wichtigen Mittel beschrieben, mit denen Gott die ewig-wichtige Sunna des Propheten Muhammad, Gottes Segen und Frieden seien auf ihm, bewahrt hat.  Einer der wichtigsten Aspekte ist, zu bemerken, dass diese Vorsichtsmaßnahmen tatsächlich bereits zur Zeit des Propheten effektiv begonnen haben.  Es gab keinen Zeitsprung, der eine Tür für einen massiven Verlust an Information oder Beränderungen offen ließe.

In folgender Aussage hat M. Z. Siddiqi die außerordentliche Arbeit geleistet, den Schutz der Sunna in den frühen Jahren zusammenzufassen:.

Der Hadith im Sinne der Berichterstattung über die Aussagen und Taten des Propheten Muhammads war Gegenstand fleißiger Verfolgung und ständiger Nachforschung durch die Muslime in der gesamten muslimischen Welt seit dem Beginn der islamischen Geschichte bis hin zur Gegenwart.  Zu Lebzeiten Muhammads versuchten zahlreiche Gefährten alles, was er sagte, auswendig zu lernen, und beobachteten aufmerksam, was er tat; und sie berichteten diese Dinge unter einander.  Einige von ihnen schrieben das, was er sagte, in Sahiefahs (Schriftrollen) auf, die sie später ihren Schülern vorlasen und die von ihren Familien und auch von ihren Nachfolgern aufbewahrt wurden.  Nach dem Tod Muhammads, als sich seine Gefährten in verschiedene Länder verstreuten, unternahmen einige von ihnen ebenso wie ihre Nachfolger lange, mühsame Reisen, nahmen Armut und Mangel in Kauf, um sie zusammenzusammeln... Ihre bemerkenswerte Aktivität in bezug auf die Bewahrung und das Bekanntmachen der Hadithe ist einzigartig in der literarischen Weltgeschichte... [Und die Vorzüglichkeit ihrer Wissenschaft bleibt] in der Literaturgeschichte der Welt unerreicht, sogar heutzutage.[1]

Diese Prozesse waren es, die die fein abgestimmten Wissenschaften zum Höhepunkt brachten und die detaillierte Klassifizierung der Berichte, die bis zum Propheten zurückverfolgt wurden.  Im allgemeinen nahmen die Gelehrten keinen Bericht als authentischen Hadith an, der nicht durch eine vollständige Kette von einwandfreien und aufrichtigen Überlieferern bis zum Propheten bestätigt werden konnte.  Alle, denen es daran mangelte, wurden als schwache Hadithe zurückgewiesen. 

Je mehr man sich in das Studium der Hadithe vertieft, desto angenehmer wird sich das Gefühl in einem vermehren, dass die Lehren des Propheten Muhammad in allen Einzelheiten bewahrt geblieben sind, genau wie es Allah im Qur´an versprochen hat.  Wenn sich die Gelehrten des Hadith – die Spezialisten in diesem Bereich sind und Zeit ihres Lebens damit verbracht haben, dieses Fach zu beherrschen  - über die Authenzität eines Hadith einig sind, so besteht es keine Bedarf daran, darüber zu diskutieren oder sie in Frage zu stellen.  Das einzige, was uns bleibt, ist daran zu glauben und unser Bestes zu tun, die Bedeutung des Hadith in unseren Leben umzusetzen. 

Vergleich mit anderen Schriften   

Wenn sie sich auf die Hadithe des Propheten beziehen, verwenden einige Westler gewöhnlich das Wort „Tradition”.  Dies vermittelt sogleich den Eindruck von einem ziemlich zufälligen und ungebildeten Bericht.  In Wirklichkeit verhält es sich aber ganz anders.  Die Verwendung dieses Wortes „Tradition“ ist deshalb nicht mehr als eine Vernebelung, um den Anschein zu erwecken, dass die Hadithe nicht bewahrt worden seien.  Eine weitere gewöhnliche Beschreibung, die auftaucht, ist eine Anspielung darauf, dass die Bewahrung des Hadith der der Evangelien ähnlich sei.

Dies ist ein ziemlich schlauer Satz, der definitiv für viele einen negative Beigeschmack enthält.  Tatsächlich haben zahlreiche Konvertierte die Evangelien studiert und wissen, wie unglaubwürdig diese sind – dies ist meist einer der Gründe, aus denen sie begannen, nach einer anderen Religion als dem Christentum zu suchen.  Daher würde eine derartige Aussage ihren Glauben an den Hadith zum Wanken bringen. 

Die nackte Realität ist, dass man keinen ehrlichen Vergleich zwischen der detaillierten und wissenschaftlichen Bewahrung des Hadith des Propheten und der Bewahrung früherer Schriften ziehen kann.  Einige wenige Beschreibungen der Bewahrung – oder der mangelnden Bewahrung – der früheren Schriften sollte ausreichen, um den Gegensatz zu der Bewahrung des Hadith aufzuzeigen.

Nach einer längeren Erläuterung der Geschichte der Thora zieht Dirks den Schluss:  

Der erhaltene Thora ist kein einzigartiges, einheitliches Dokument.  Sie ist eine “cut-and-paste” Zusammenstellung… mit zusätzlichen Keimlingen...  Während Moses, derjenige, der die Original-Offenbarung erhalten hatte, welche die Thora angeblich repräsentieren soll, nicht später als im 13.Jahrhundert vChr. gelebt hatte, wahrscheinlich aber im 15.Jahrhundert vChr., stammt die erhaltene Thora aus einer viel späteren Epoche.  Die ältesten identifizierbaren Substrate der erhaltenen Thora können nicht früher als aus dem 10.Jahrhundert vChr. datiert werden...   Außerdem wurden diese verschiedenen Substrate bis ungefähr 400 vChr. nicht zu der erhaltenen Thora zusammengestellt, was in etwa 1000 Jahre nach dem Leben Moses war.  Desweiteren wurde die erhaltene Thora, mit mindestens vier unterschiedlichen Texten, die im ersten Jahrhundert nChr. – ungefähr 1500 Jahre nach Moses - existierten, nie gänzlich standardisiert.  Wenn man außerdem den masoretischen Text als den “offiziellsten” Text der erhaltenen Thora annimmt, so datiert das älteste existierende Manuskript in etwa 895nChr., das ist ungefähr 2300 Jahre nach Moses.  Kurz gesagt, obwohl die erhaltene Thora einiges der ursprünglichen Thora enthalten mag, ist die Herkunft der erhltenen Thora unterbrochen, größtenteils unbekannt und kann keinesfalls bis zu Moses zurückverfolgt werden.[2]

Obwohl Jesus viele Jahrhunderte nach Moses kam, erging es der Offenbarung, die er erhalten hatte, nicht viel besser.  Eine Gruppe christlicher Gelehrter, die als Mitglieder des Jesus Seminars bekannt ist, versuchte festzustellen, welche Aussagen, die Jesus zugesprochen werden, wirklich als authentisch angesehen werden können.  Sie stellten fest: “82% der Worte, die in den Evangelien Jesus zugesprochen werden, stammen gar nicht von ihm.”[3]  Bei ihrer Beschreibung der Geschichte der Evangelien, schrieben sie: “Die nackte Wahrheit ist, dass die Geschichte der griechischen Evangelien seit deren Erschaffung im ersten Jahrhundert bis zur Entdeckung ihrer ersten Abschriften am Anfang des dritten Jahrhunderts weitgehend unbekannt bleibt und daher ein unerfasstes Territorium darstellt.”[4] Bart Ehrmans Werk The Orthodox Corruption of Scripture hat kenntlich gemacht, wie die Schrift im Laufe der Zeit verändert wurde.  In seiner These, die er dann in allen Einzelheiten beweist, stellt er am Anfang fest: “Meine These lautet einfach: Schreiber haben gelegentlich die Worte ihrer heiligen Schriften verändert, um sie orthodoxer erscheinen zu lassen und um deren Missbrauch durch Christen vorzubeugen, die sich für abweichende Ansichten einsetzten.”[5] Das ist so, als würde man das Pferd von hinten aufzäumen: Der Glaube sollte auf den übermittelten Texten basieren; die Texte sollten nicht abgeändert werden, damit die zum Glauben passen.

Eine abschließende Bemerkung über den Qur´an  

Die Art des Qur´an unterscheidet sich erheblich von der der Aussagen und Taten des Propheten.  Offensichtlich ist die Zahl der Aussagen und Taten sehr groß, während der Qur´an einen begrenzten Umfang besitzt.  Der Qur´an, der kein besonders dickes Buch ist, wurde im Gedächtnis genauso wie in aufgeschriebener Form seit der Zeit des Propheten Muhammad selbst bewahrt.  Viele der Gefährten des Propheten kannten den gesamten Qur´an auswendig, aus Furcht vor dem, was den früheren religiösen Gemeinschaften passiert war, unternahmen sie die notwendigen Schritte, um ihn vor jeglicher Form der Veränderung zu schützen.  Bald nach dem Tod des Propheten wurde der Qur´an zusammengestellt und kurze Zeit später entsandte man offizielle Abschriften in die fernen Länder, um sicherzustellen, dass der Text rein blieb.  Bis zum heutigen Tag kann man in jeden Teil der Welt reisen und einen Qur´an nehmen und feststellen, dass es auf der ganzen Welt derselbe ist.  Die Aufgabe, den Qur´an zu bewahren, kann eigentlich nicht damit verglichen werden, die Masse der Sunna zu bewahren.  Daher ist es keine Überraschung, wenn man den Fleiß der Muslime zu jener Zeit bedenkt, dass der Qur´an sorgfältig bewahrt wurde.

 


Footnotes:

[1] M. Z. Siddiqi, S. 4-5.

[2] Jerald F. Dirks, The Cross & the Crescent (Das Kreuz und der Halbmond) (Beltsville, MD: Amana Publications, 2001), S. 53. Andere wichtige Erläuterungen der Authenzität des Alten Testaments kann man bei Maurice Bucaille finden: The Bible, the Quran and Science (Die Bibel, Qur´an und Wissenschaft) (Indianapolis, IN: American Trust Publications, 1978), S. 1-43; M. M. Al-Azami, S. 211-263.

[3] Robert W. Funk, Roy W. Hoover und das Jesus Seminar, The Five Gospels: What did Jesus Really Say?(Die fünf Evangelien: Was hat Jesus wirklich gesagt?)  (New York: MacMillan Publishing Company, 1993), S. 5.

[4] Funk, et al., S. 9.

[5] Bart D. Ehrman, The Orthodox Corruption of Scripture: The Effect of Early Christological Controversies on the Text of the New Testament (Die orthodoxe Veränderung der Schrift: Die Auswirkung früher christologischer Kontroversen auf den Text des Neuen Testaments) (New York: Oxford University Press, 1993), S. xi.